12. septembra, 2017

Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz – Regelungen für Zuordnung von Dienst-(Werkvertrags-)Verhältnissen

Mit 01.07.2017 ist das Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz (BGBl I 2017/125) in Kraft getreten. Was soll mit diesem neuen Gesetz erreicht werden?

Es kommt häufig vor, dass GPLA-Prüfer Werkverträge oder freie Dienstverträge im Zuge der Prüfung in echte Dienstverträge umwandeln, was zu erheblichen Nachzahlungen führt.

Beispiel: 
In Erinnerung ist der Fall VisiCare, ein Unternehmen, das in der Vergangenheit bis zu 4.000 Pool-Schwestern an Krankenanstalten vermittelte. Die GPLA stellte fest, dass VisiCare der Dienstgeber der Pool-Schwestern ist. Der Beschwerde gegen die entsprechenden Bescheide wurde keine aufschiebende Wirkung zuerkannt ➜ die Nachforderungen trieben das Unternehmen in den Konkurs. Das Dramatische an diesem Fall ist, dass der VwGH – in diesem Fall leider zu spät – VisiCare Recht gibt und feststellt, dass das Unternehmen nicht Dienstgeber der vermittelten Pool-Schwestern ist.
Das neue Verfahren (§ 412a ASVG) sieht vor, dass dann, wenn die Versicherungszuordnung – selbstständig oder unselbstständig tätig – geklärt werden soll, ein bestimmtes Verfahren mit wechselseitigen Verständigungspflichten zwischen GKK, SVA und SVB durchzuführen ist.
1. Vorabprüfung bei Neuanmeldung gemäß § 412d ASVG
Zukünftig erhalten “Neue Selbstständige” und bestimmte Gewerbetreibende bei Neuanmeldung zu einer selbstständigen Erwerbstätigkeit einen Fragebogen, der die Grundlage ist, um die Versicherungszuordnung (SVA/GSVG oder GKK/ASVG? Selbstständiger oder Dienstnehmer?) überprüfen zu können.
Nach Einlangen der Versicherungsmeldung bei der SVA prüft diese vorweg, ob Anhaltspunkte für unselbstständige Tätigkeit nach ASVG vorliegen. Die SVA bindet in das Verfahren die GKK ein, indem die SVA der GKK eine „Vorerst-Einschätzung“ mitteilt. Das Ergebnis der Prüfung endet wie in den unter Punkt 3. b. beschriebenen Fallkonstellationen.
Bindungswirkung:
Aufgrund der in § 412c ASVG geregelten Bindungswirkung kann in einem späteren Prüfungsverfahren eine Neuzuordnung (= Wegfall der Bindungswirkung) nur dann vorgenommen werden, wenn entweder eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist oder – z. B. im Fragebogen oder in der Versicherungsmeldung – falsche Angaben gemacht wurden.
2. Prüfung auf Antrag gemäß § 412e ASVG
Sowohl die versicherte Person als auch der Auftraggeber haben gemäß § 412e ASVG die Möglichkeit, auf Antrag die aktuelle versicherungsrechtliche Zuordnung zum GSVG/BSVG von der GKK überprüfen zu lassen. Es sind die analogen drei Prüfergebnisse, wie im Punkt 3. b. beschrieben, denkmöglich.
3. Neuzuordnung gemäß § 412b ASVG – amtswegige Sachverhaltsfeststellung
a. Verdacht auf fehlerhafte Zuordnung
Tritt zum Beispiel bei einer GPLA (oder einer sonstigen Amtshandlung) der substanzielle Verdacht auf, dass der bisher im GSVG oder BSVG Versicherte möglicherweise der ASVG-Pflichtversicherung unterliegen müsste, dann hat die GKK bzw. das Finanzamt die SVA bzw. SVB ohne unnötigen Aufschub über diesen Verdacht zu verständigen.
b. Gemeinsame Ermittlungen
Die weiteren Ermittlungen sind sodann von der GKK nach dem ASVG und von der SVA bzw. der SVB, aufeinander abgestimmt, innerhalb der jeweiligen Wirkungsbereiche durchzuführen. Über die konkrete Durchführung des Verfahrens können sich die Versicherungsträger intern verständigen.
Das Prüfergebnis – 3 mögliche Fälle:
Fall 1: GKK und SVA/SVB sind sich einig – Prüfung bestätigt GSVG/BSVG-Versicherung
Es bleibt bei der Pflichtversicherung nach dem GSVG bzw. BSVG und der Zuständigkeit der SVA/SVB. Dieses Ergebnis hat die SVA/SVB mittels Bescheid zu bestätigen.
Fall 2: GKK und SVA/SVB sind sich einig – Prüfung ergibt ASVG-Pflichtversicherung
Es kommt zu einer Neuzuordnung zum ASVG. Die GKK hat in diesen Fällen nach den Regeln des ASVG einen Bescheid zu erlassen, wenn dies die versicherte Person oder der Dienstgeber verlangt.
Fall 3: GKK und SVA/SVB sind sich uneinig hinsichtlich der Versicherungszuordnung
Sind sich GKK und SVA/SVB uneinig über die Versicherungszuständigkeit, so hat die GKK einen Bescheid über die Pflichtversicherung nach dem ASVG zu erlassen. SVA/SVB haben ein Beschwerderecht.
Bei der rechtlichen Beurteilung und Bescheidbegründung hat sich die GKK mit der abweichenden Rechtsansicht der SVA/SVB auseinanderzusetzen. Der Bescheid ist der versicherten Person, ihrem Dienstgeber und beteiligten Behörden (SVA, SVB, GKK sowie sachlich und örtlich zuständiges Finanzamt) zuzustellen.
Beitragsrechtliche Rückabwicklung:
Kommt es zu einer rückwirkenden Neuzuordnung (z. B. bisher im GSVG versicherte Person wird zum ASVG-Dienstnehmer), so ist eine beitragsrechtliche Rückabwicklung vorzunehmen. Alle aufgrund der Neuzuordnung zu Unrecht an die SVA/SVB geleisteten Beiträge bzw. Beitragsteile (das sind idR die Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherungsbeiträge) sind an die zuständige GKK zu überweisen. Diese hat die Beiträge auf die Beitragsschuld des Dienstgebers nach dem ASVG anzurechnen; allfällige Überschüsse sind von der zuständigen GKK von Amts wegen an die Versicherten auszuzahlen.
Durch Inkrafttreten des Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetzes verringert sich das sozialversicherungsrechtliche Haftungsrisiko im Falle einer rückwirkenden Umwandlung deutlich. Für Fragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.